Ein Schloss, ein Stein, kein Schritt zurück

Mit Kneipp im Herzen durchs Allgäu. Eine Entschleunigung mit Weitblick – Teil 5

Erlebniswanderung im Allgäu – Von Bad Clevers zum Hohen Schloss mit Kneipp-Achtsamkeit, Lehrgarten, Waldweg und Glücksmomente-Runde.

 

Da liegt ein Stein auf dem Weg. Ein richtiger Brocken. Früher hätte ich mich vielleicht geärgert – heute erinnere ich mich an das, was beim Entspannungstraining in der Kneippkur gelehrt wird: Nicht jeder Widerstand muss weg, nicht jeder Weg erzwungen werden.

Mit diesen Gedanken starte ich meinen Spaziergang in Bad Clevers. Mein Weg führt nach Bad Grönenbach – dorthin, wo auf einer steilen Bergnase das Hohe Schloss steht. Die Frühlingssonne wärmt den Boden und vom Wald her strömt ein erdiger Duft. Ich atme tief ein, so wie ich es in den Kursen täglich übe. Denn ganz im Sinne von Kneipp sollen Körper und Geist in Einklang kommen. Dafür bin ich hier.

Etwa 15 Minuten dauert der Weg vom Naturheilbad Bad Clevers bis zum geschichtsträchtigen Hohen Schloss, das auf einem Nagelfluhfelsen majestätisch über Bad Grönenbach thront. Ich gehe durch die Kneippanlage. Die Wasserbecken sind leer. Noch hat die Saison nicht begonnen. Das hat etwas Gutes: Beim Aufstieg zum Schloss bin ich ganz allein. Die Sonne scheint, der Weg gehört mir.

Das Hohe Schloss Bad Grönenbach – dicke Mauern, viele Geschichten

Oben scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Das Schloss aus dem 13. Jahrhundert war einst Sitz verschiedenster Adelsgeschlechter und eines königlich-bayerischen Landgerichts. Hinter seinen verwitterten Mauern verbergen sich viele Geschichten: von Dominikus Ringeisen, Priester und Gründer der gleichnamigen Stiftung für Menschen mit Behinderungen, bis hin zur Nutzung als Sonderschule und Pflegeeinrichtung durch die Ursberger Schwestern. Heute ist es still geworden um das alte Gemäuer.

Lebendiges Wissen im Kreislehrgarten

Eine echte Empfehlung liegt nur wenige Schritte weiter: der Unterallgäuer Kreislehrgarten. Angelegt im ehemaligen Klostergarten erstreckt er sich bis zum südlichen Schlossberg. Nicht nur Hobbygärtner finden hier Freude. Zwischen alten Obstsorten, Kräutern und Beeten stehen Bänke und eröffnen überraschende Ausblicke. Und es gibt einen Platz zum Staunen: Wer hätte gedacht, dass man aus einer einfachen Hainbuche eine Hütte bauen kann? Ich nicht! Hier im Lehrgarten haben findige Hände junge Zweige in die Erde gesetzt und sie gekreuzt. Ein Flechtwerk in Iglu-Form, das mit der Zeit verwächst. Ich setze mich auf die Bank im Inneren, lehne mich zurück und blicke durch die gekreuzten Äste in den Himmel. Wie schön muss es erst sein, wenn die Hainbuche Blätter trägt?

Ein idealer Ort zum Innehalten. Ich bin mir sicher, Kneipp hätte diesen Platz geliebt.

„Kleine Auszeiten entspannen und bringen uns innerlich wieder in die Balance. Sie ist die Grundlage für unser Wohlbefinden.”

Sebastian Kneipp

 

Der Anfang einer Runde, die noch warten darf

Unterhalb des Schlossbergs beginnt sie: die Glücksmomente-Runde Bad Grönenbach. Dabei ist das Glück längst hier – oben, in der Stille, im Kräutergarten, im Blick in die Ferne. Vielleicht kommt da noch mehr?

Wer den Serpentinenweg hinabgeht, landet am offiziellen Startpunkt der Glücksmomente-Runde. Rechts liegt der kleine Schloss-Aktiv-Park, links führt der Weg zur Rothensteiner Straße. Von dort geht es weiter bis zum Waldparkplatz – dem Eingang zum Grönenbacher Wald. Ein Wald, der mich jeden Tag begleitet. Ich sehe ihn aus meinem Fenster, gehe hinein, wenn ich frische Luft brauche. Und jedes Mal ist es da: dieses Gefühl von Ruhe, Erholung und Glück. Wie gut, dass ich diesen Wald direkt vor der Nase habe.

Die Glücksmomente-Runde spare ich mir fürs nächste Mal auf. Schließlich habe ich einen Teil – direkt im Ort – bereits gesehen. Und die schönen Plätze im Wald – die laufen mir nicht davon.

Zwischen Serpentinen und Erkenntnis 

Mit Ausblick auf Bad Clevers, wo für die Kurgäste langsam das Abendessen vorbereitet wird, gehe ich die Serpentinen hinunter. Und da ist er tatsächlich: ein Stein auf meinem Weg. Ein richtiger Brocken. Was will mir das sagen? Ich rolle das schwere Ding nicht zur Seite. Dafür fehlt mir die Kraft. Und ehrlich gesagt: auch die Lust dazu. Ich gehe auch keinen Schritt zurück, sondern einfach links daran vorbei.

Der Brocken bleibt liegen. Sollen sich andere darüber ärgern.

Ich bin heute einfach nur glücklich.


Das Kneippkur-Tagebuch

Teil 1: Mit jedem Kneippguss weniger Ballast weiterlesen
Teil 2:
Die 5 Säulen der Kneippschen Lehreweiterlesen
Teil 3: Blausternchen & Elfenschlüssel
weiterlesen
Teil 4: Bad Grönenbach
weiterlesen
Teil 5: Erlebniswanderung


Katrin Fiedler, geschrieben und fotografiert am 12. März 2025.

Weiter
Weiter

Bad Grönenbach: kleiner Ort, große Wirkung