Die 5 Säulen der Kneippschen Lehre
Mein Weg zu einem gesunden Leben:
Kneippkur – Teil 2
Ich beginne zu verstehen, dass Kneipp keine antiquierte Lehre ist, sondern ein Lebensentwurf für heute sein kann. Und meine Reise hat gerade erst begonnen.
Die 5 Kneipp-Säulen weisen auf sein Heilkonzept hin.
Ich bin dankbar, denn diese Kur ist eine Einladung, mich auf die 5 Säulen der Kneippschen Lehre einzulassen – Wasser, Bewegung, Ernährung, Pflanzen und Balance. Gleichzeitig führt mich mein Aufenthalt tiefer in die Region. Ich spaziere auf Wegen, die Kneipp einst selbst beschritt, und besuche Orte, die noch immer von seinem Erbe erzählen. Es ist ein unschätzbarer Nachlass, der weit über die Grenzen des Allgäus hinausstrahlt. Die Deutsche UNESCO nahm 2015 “Kneippen als traditionelles Wissen und Praxis nach der Lehre Sebastian Kneipp’” als immaterielles Kulturerbe auf.
Wie hat sich Kneipp gefühlt, als er begann, mit diesen Methoden zu experimentieren? Ich orakle, wie er wohl sein universelles Wissen erlangte. Was würde er heute sagen, wenn er seine Methoden wiedererkennt? Wäre er einfach nur zufrieden? Oder würde Sebastian Kneipp uns daran erinnern, dass wahre Heilung nicht nur in einem Kuraufenthalt liegt, sondern in unserem Alltag?
Während ich durch den kleinen Park des Gesundheitsresorts Bad Clevers spaziere, lächele ich. Vielleicht ist die Antwort einfacher, als ich denke: Die Natur gibt uns alles, was wir brauchen – wir müssen nur bereit sein, zuzuhören. Über mir rufen die Rotmilane „wiuu”. Etwas weiter entfernt klopft ein Specht. Im Natursee schnattern Enten und Blessrallen um die Wette.
Wasser und noch viel mehr
„Das Heil kommt aus dem Wasser”, sagte Kneipp. Doch darüber hinaus konstruierte er für seine Lehre noch weitere 4 wichtige Säulen und all diese Prinzipien finde ich während meiner Kur wieder. Aber erst einmal stelle ich mich im Park direkt am See unter die schützenden Äste einer uralten Fichte. Sie sind lebensschwer und reichen bis zum Boden. Ich atme ihren Duft und fühle mich umarmt. Auch aus diesen Bäumen kommt Heilung. Jedenfalls für mich. Vielleicht ist genau das Kneipps wahre Botschaft: Langsam werden, atmen, auf den eigenen Körper hören?
Wann war noch mal meine nächste Anwendung? Ich bin leer. Aber genau das fühlt sich gut an. Die Kneippschen Prinzipien (umgesetzt in unterschiedlichsten Anwendungen), die mir diese Kur eröffnet, bleiben mir dennoch erhalten. Sie stehen sauber aufgeschrieben auf weißem Papier und sollen in den nächsten Wochen – und hoffentlich darüber hinaus - mein Denken über Gesundheit, Natur und Lebensrhythmus verändern.
1 Wasser: Das belebende Element
In Bad Clevers erlebe ich Kneipps berühmte Hydrotherapie täglich: kalte Güsse, Wassergymnastik, Wechselanwendungen. Das kühlt, kräftigt und regt die Selbstheilungskräfte an. Nicht nur der Kreislauf nimmt an Fahrt auf, sondern auch der Geist klärt sich auf. Schnell wird dieses kalte Wasser mein Freund. Ja, ich trinke es sogar, und zwar reichlich. Denn dieses Haus hat schließlich eine eigene Quelle.
2 Bewegung: In Fluss kommen
Die Allgäuer Natur und alles, was rund um Bad Clevers liegt, lädt zur Bewegung ein. Es gibt keine Ausreden mehr. Ich wandere und spüre, wie genau das meinen Körper ausgleicht. Mit jedem Schritt finde ich mein inneres Gleichgewicht. Das tut gut. Auf der Suche nach Wanderrouten stoße ich zum Beispiel auf die 14 Allgäuer Glückswege. Die nächsten Tage werden also ausgefüllt sein mit Wassergüssen, Gymnastik, Achtsamkeitsübungen und Wanderungen. So kommen die Gelenke und die Sinne wieder in Fluss.
3 Ernährung: Einfach, natürlich, bewusst
Die Mahlzeiten während der Kur sind leicht, frisch und regional. Was geben sich die Köche Mühe. Größtenteils Vegetarisches zaubern sie auf die Teller. In ihren Kombinationen setzen sie auf einfache Zutaten wie etwa Rucola mit regionalem Ziegenfrischkäse, Mango und Nüssen. Die Vinaigrette ist das I-Tüpfelchen. Hier wird nicht auf Dogmen gesetzt, sondern werden Speisen voller Achtsamkeit auf die Teller drapiert, die gesund sind, das Auge und den Gaumen begeistern. Kneipp empfahl eine „maßvolle Kost” – nicht als Verzicht, sondern als Einladung, wieder zu schmecken. Ich entdecke: Weniger ist mehr und Vegetarisches leicht bekömmlich.
4 Heilpflanzen: Die stille Kraft der Natur
Der Kräutergarten im Park des Sanatoriums, am Hohen Schloss von Bad Grönenbach und auch die Flora im Wald direkt vor der Haustür zeigen, was Kneipp wusste: In Pflanzen steckt heilende Intelligenz. Melisse, Wegwarte, Waldmeister – jede Pflanze hat ihren Platz und ihre ganz spezielle Wirkung. Ich beginne, Kräuter nicht nur als Dekoration zu sehen, sondern als Lebensbegleiter. Allein ihr Duft kann trösten und so reibe ich mit Daumen und Zeigefinger vorsichtig am Rosmarin. Noch steht er trocken im Beet; bald schon wird er saftige Blätter haben, deren ätherische Öle die Durchblutung fördern, etwa im Schulter-Nacken-Bereich. Genau dort, wo das sitzt, was ich seit Monaten schwer herumtrage und endlich abschütteln möchte.
5 Lebensordnung: Die Kunst der Balance
In der Ruhe Bad Clevers’ spüre ich, was Kneipp mit Lebensordnung meinte. Ein strukturierter Tagesablauf, bewusste Pausen, Momente des Innehaltens. Ich lerne: Gesundheit beginnt nicht mit Bewegung oder Ernährung – sondern mit einer inneren Haltung. Ein Gleichgewicht, das sich auch im Außen zeigt. Wer übt wird Meister und so nehme ich dankbar jeden Tipp an, stehe manchmal beim Training auf einem Bein. Ist es ein guter Tag, kann ich es mit einem Storch aufnehmen. Sind die Sinne vernebelt, schwanke ich. Aufgeben ist keine Option. Balance wird von nun an auch beim Zähneputzen geübt. Nicht ohne, die Termine für den nächsten Tag gedanklich durchzugehen. Ordnung muss sein!
Fazit – mehr als eine Kur
Ich betrachte die 5 Kneippschen Regeln als Einladungen. Jeder Tag in Bad Clevers macht sie ein wenig greifbarer. Denn Kneipp ist keine Lehre aus der Vergangenheit. Diese Säulen können zum Lebensentwurf werden, wenn ich nur weiterhin fleißig kneippen lerne.
Das Kneippkur-Tagebuch
Teil 1: Mit jedem Kneippguss weniger Ballast … weiterlesen
Teil 2: Die 5 Säulen der Kneippschen Lehre
Teil 3: Blausternchen & Elfenschlüssel … weiterlesen
Teil 4: Bad Grönenbach … weiterlesen
Teil 5: Erlebniswanderung … weiterlesen
Katrin Fiedler, geschrieben und fotografiert am 10. März 2025.