Bad Grönenbach: kleiner Ort, große Wirkung
Wo Sebastian Kneipp seinen Weg begann: Kneippkur – Teil 4
Vom Lateinschüler zum Wasserdoktor – im Unterallgäu begann Sebastian Kneipps geistige Reise. Hier wandel ich weiter auf seinen Spuren.
Bad Grönenbach ist überschaubar, hat 43 Ortsteile, Weiler und Einöden. Es ist eine von 52 Gemeinden im Landkreis Unterallgäu – mit etwa 5.700 Einwohnern. Für Sebastian Kneipp, Sohn eines Leinenwebers, sollte hier der Grundstein für sein weiteres Leben gelegt werden: Er lernte Latein. Sein Aufenthalt in diesem kleinen Ort hatte eine große Wirkung. Kneipp wollte Pfarrer werden – und wurde es. Dafür jedoch musste er die romanische Sprache pauken, die der 23-Jährige in Dillingen dringend brauchte. Dort ging er später aufs Lyzeum, studierte im Anschluss Theologie.
15 Minuten Fußmarsch sind es von Bad Clevers nach Bad Grönenbach. Schon auf dem Marktplatz begegnet mir Kneipp. Es ist die einzige Abbildung seiner Jugend. Lässig sitzt er auf einem Stein. Unterm Arm ein Buch. Einen Fuß taucht er Gedanken versunken ins Wasser. So ist es gedacht. Doch wir haben März. Da sind die Wasserspiele noch nicht aktiv. Kneipp sitzt auf dem Trockenen. Ich grüble: Was wäre eine Kneippkur ohne Wasser? N I C H T S!
Von der Kraft des Wasser wusste Kneipp noch nicht sehr viel, als er 1842 nach Bad Grönenbach kam. Er fand im Spitalhof eine Unterkunft und ich finde die Erinnerungstafel dazu. Unmittelbar neben dem Rathaus auf dem Marktplatz, angebracht an einem Neubau. Der Spitalhof ist längst abgerissen.
Seine Arbeit verrichtete Kneipp bei seinem Vermieter, half in der Landwirtschaft aus. Nebenbei lernte er bei einem entfernten Verwandten, Kaplan Dr. Matthias Merkle, und zwar Latein. Wir erinnern uns: Kneipp wollte Priester werden. In Bad Grönenbach also ließ sich der junge Mann fit für die Zukunft machen. Latein, die Kraft des Wasser und der Pflanzenheilkunde – der junge Kneipp lernte viel und schnell. Und darauf ist die Gemeinde stolz. Schließlich eröffnete der zukünftige Wasserdoktor der Gemeinde gute Perspektiven.
Praktiziert hat Kneipp in Bad Grönenbach nie. Sein Erbe wird jedoch in dieser Gemeinde lebendig gehalten. So gab es bereits 1939 in Bad Clevers die ersten Kneippanwendungen. 10 Jahre später folgte das heutige Haus des Gastes. Die erste Kneipptretanlage wurde 1949 am ehemaligen Forstamt eröffnet und seit 1996 ist Bad Grönenbach ein anerkanntes Kneippheilbad. Kneipp hat also seine Spuren hinterlassen. Die führen mich bei einem gemütlichen Rundgang auch auf den malerisch gelegenen Stiftsberg.
Die Kirche von Bad Grönenbach – Ein Ort der Stille und Bestimmung
Jeden Sonntag läuten in Bad Grönenbach die Kirchenglocken, so wie sie es schon zu Kneipps Zeiten taten. Es ist der Ruf zum Kirchgang. Auch Kneipp besuchte regelmäßig die Heilige Messe und zwar in der Stiftskirche. Grund genug, auf den Stiftsberg zu steigen und die Stiftskirche zu betrachten. Ihre Krypta und das Untergeschoss des Turmes stammen noch von der 1136 geweihten romanischen Kirche. Gotisch ist der Neubau, der 1445 geweiht wurde. Und sehenswert ist die gesamte Kirche.
Hinter den Mauern Pfarrkirche St. Philippus und Jakobus stärkte Kneipp seinen Glauben. Vielleicht auch fand er hier die Kraft, um später seinen eigenen Weg zu gehen, der ihn zur Heilkunst führen sollte.
Kneipp zum Spüren – Der Kurpark & das Kneipp-Becken
Sieben Minuten zu Fuß geht es weiter Richtung Wald. Dort befindet sich der örtliche Kurpark, an dem einer der Allgäuer Glückswanderwege vorbeiführt. Auch hier begegne ich Kneipp. Es wäre eine lebendige Erfahrung, denn ein Kneipp-Becken lädt ein, das Wassertreten auszuprobieren. Aber wie gesagt ist der Winter gerade vorbei und das Kneipps Element fließt auch hier noch nicht.
Der Park ist ein Ort der Ruhe. Doch zur Entspannung, das sagte auch Kneipp, gehört immer die Bewegung. So können die Gäste im Kurpark eine aktive ruhige Kugel schieben und zwar beim Boule auf der extra dafür angelegten Bahn. Auch Platz für Yogaübungen ist reichlich vorhanden und natürlich auch für einen Spaziergang.
Vergangenheit und Gegenwart im Einklang
Bad Grönenbach hat sich als Kurort weiterentwickelt und gleichzeitig ist hier Kneipps Geist lebendig geblieben. Er ist nicht nur als Brunnenfigur am zentralen Marktplatz verewigt. Im Kurpark, auf dem Weg zum Hohen Schloss, im Kräutergarten und auf den zahlreichen Glückswegen in der Umgebung stehen seine heilenden Prinzipien – Wasser, Bewegung, Natur, Ernährung und Balance – im Mittelpunkt. Deutlich spüre ich die Verbindung zwischen früher und heute und denke: „Wie gut, dass dieses wertvolle Erbe wissenschaftlich anerkannt ist und weiterentwickelt wird!”
In Bad Grönenbach begann ein junger Mann seinen Weg – und hinterließ eine Heilkunst, die bis heute Menschen hilft. Ich werfe nach meinem Rundgang einen letzten Blick zur Statue am Brunnen. Kneipp wird für immer dort sitzten, in seinem Element, als wollte er sagen: Das Wasser ist dein Freund!
Das Kneippkur-Tagebuch
Teil 1: Mit jedem Kneippguss weniger Ballast … weiterlesen
Teil 2: Die 5 Säulen der Kneippschen Lehre … weiterlesen
Teil 3: Blausternchen & Elfenschlüssel … weiterlesen
Teil 4: Bad Grönenbach
Teil 5: Erlebniswanderung … weiterlesen
Katrin Fiedler, geschrieben und fotografiert am 12. März 2025.