Funkenfeuer vertreibt im Allgäu den Winter

Auch im Allgäuer Kneippkurort Bad Grönenbach wird mit einem Funkenfeuer der Winter ausgetrieben.

 

Wenn die Funken sprühen, verschlingen sie alles. Sie züngeln genüsslich an trocknem Geäst, verteilen sich golden vorm Nachthimmel. Was für eine Kulisse!

Aus die Maus: Fasching ist vorbei. In Bad Grönenbach heizt die Feuerwehr kräftig ein. Meterhoch türmen sich längst entsorgte Weihnachtsbäume. Hochoben steht eine Hexenpuppe und schaut ins Publikum. Eine Blaskapelle spielt auf. Kinder zünden an Feuerfässern ihre Holzstecken an und laufen wie gebannt Richtung Funken, wie der Scheiterhaufen heißt. Ihre Hände sind durch Handschuhe geschützt. So gibt es keine Verbrennungen, wenn sie wenig später mit ihren Holzstecken den Scheiterhaufen entzünden. Was ist los in diesem Kneippkurort? Treiben es die Narren auf die Spitze?

Nein, die Einwohner verscheuchen den Winter. Und wer übers Land fährt, sieht es in der gesamten Gegend lodern. In den Allgäuer Dörfern und auf den Hügeln werden Funkenfeuer entfacht. Das war schon immer so in der Alpenregion und auch anderswo auch. Es lodert im Allgäu, in Tirol, Liechtenstein, in der Schweiz, und auch im Schwarzwald und Oberschwaben. Christbäume, und anderes brennbares Zeug werden aufgeschichtet. Manch’ dorfeigener Funke erreicht sogar eine Höhe von bis zu 20 Metern. Solch’ ein hochgetürmtes Werk wird natürlich in der Nacht von starken Männern bewacht. Wäre schließlich schade, wenn benachbarte Schurken den Spaß durch Zündelei vorzeitig beenden würden.

Mach’s guat, Winter!

Jedes Jahr am ersten Sonntag nach Aschermittwoch wird der Winter vertrieben. Dieser Brauch ist seit Jahrhunderten erhalten und heute ein geselliges Fest, was auch schon mal an einem Sonnabend stattfindet, wie in Bad Grönenbach, dem Ort zwischen Memmingen und Kempten. Längst haben die Kinder das Feuer entfacht. Die Gästeschar tritt im Halbrund ein wenig zurück. Zu stark ist die Hitze und zu bedrohlich schwankt die Hexenpuppe. Es heißt, wenn sie explodiert, kommt das Glück übers Jahr. Reißt sie allerdings den Scheiterhaufen mit sich, dann bringe das Unglück und die Hexenpuppe muss am nächsten Tag beerdigt werden. In Bad Grönenbach vereint sie sich in diesem Jahr geräuschlos mit dem Feuer und lässt die Funken tanzen. Die Kinder schauen beeindruckt zu und verlangen nach Süßem. Sie wissen, wenn das Funkenfeuer lodert, gibt es in dieser einen Nacht auch ein Schmalzgebäck: Funkenküchle. Einst wurden sie in armen Haushalten gebacken, mussten die Kinder das Gebäck im Dorf verkaufen, um Brennholz zu sammeln. Daran wird noch heute erinnert. Wenn die Freiwillige Feuerwehr von Bad Grönenbach das Gebäck verkauft, freuen sich vor allem die Kinder. Diese regionale Köstlichkeit macht Lust auf mehr, auf das Funkenfeuer im kommenden Jahr!


Katrin Fiedler, geschrieben und fotografiert am 8. März 2025.

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